Info:
Unweit vom Handels- und historischen Zentrum der Stadt Bozen prägt seit kurzem ein Glaspalast den urbanen Raum zwischen Neuem Stadttheater und Südtiroler Straße und präsentiert sich damit als neues Eingangstor zur Altstadt: der Sitz der Handelskammer, des Institutes für Wirtschaftsförderung und der Exportorganisation Südtirol EOS. Der Architekt Wolfang Simmerle, Sieger eines im fernen Jahr 1999 ausgeschriebenen europäischen Wettbewerbs, hat hier ein Gebäude entworfen, das hinter der Einfachheit und Leichtigkeit seiner äußeren Struktur eine überraschende Innenraumgestaltung verbirgt, beruhend auf dem Spiel mit der Dreidimensionalität, und das damit funktionell und repräsentativ zugleich ist. Tatsächlich eröffnet sich im Inneren des gläsernen Würfels ein faszinierendes Spiel zwischen geschlossenen Volumen und offenen Räumen, die sich in transparenten perspektivischen Sequenzen abwechseln, teilweise vom Boden bis zum Dach. „Eine dreidimensionale Melodie, in der Tiefe, Breite und Höhe verschmelzen“, so Architekt Simmerle, stets im Zeichen dieser linearen, nüchternen Architektur, die das Gebäude bereits von außen kennzeichnet. Das offene Erdgeschoss, leicht erhöht gegenüber dem Straßenniveau, öffnet sich nach oben mit einem zenital beleuchteten Lichthof, auf welchen die verglasten Räume der Konferenzsäle, Büros und Bibliotheken blicken. Die durch den umfassenden Einsatz von Glas gegebene optische Transparenz charakterisiert alle Räume, auch die Arbeitsplätze, ohne jedoch zu einer Einschränkung der Privatsphäre zu führen, sondern vielmehr zu weiten Aussichten nach innen oder außen, je nach Position.
Eine durchsichtige, aber effiziente Gebäudehülle
Die Besonderheit eines Gebäudes ganz aus Glas mit großen Dimensionen, mit Räumen bis zu 25m Höhe, verlangt nach einer sorgfältigen energetischen Planung, damit ein hoher Komfort für alle Nutzer zu jeder Jahreszeit gewährleistet ist. Stets mit dem Ziel vor Augen, den Energiebedarf, der normalerweise bei Bürogebäuden für Heizung, Kühlung und Kontrolle der internen Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist, auf ein Minimum zu reduzieren. Der erste Schritt war die Wahl einer Gebäudehülle, die zwar innovativ ist, aber gute thermoisolierende Eigenschaften besitzt: tatsächlich ist es gelungen für die transparenten Außenwände einen Uw-Wert unter 1,3 W/m²K zu erzielen, während die lichtundurchlässigen Partien der INOX-Platten einen Wärmedurchgangskoeffizienten unter 0,34 W/m²K gewährleisten. Die Fassade der Büroräume hat einen Gesamtenergiedurchlassgrad der Sonneneinstrahlung von ca. 0,45 und kann die solaren Gewinne während der Wintermonate maximieren. Um den solaren Eintrag während der warmen Jahreszeit zu verringern und damit eine Überhitzung der Innenräume zu vermeiden, wurde auf der Außenseite der thermoisolierenden Glasfassade ein mechanisches Beschattungssystem angebracht, das von einer zusätzlichen äußeren Glasplatte bedeckt ist. Für die Glasfassaden der offenen Räume, ohne äußeren Sonnenschutz, wurde hingegen Glas mit einem g-Wert ≤0,30 gewählt.
Energie aus erneuerbaren Quellen
Die Grundlast für den Heiz- bzw. Kühlbedarf wird über eine Geothermieanlage abgedeckt. Der Wärmeaustausch erfolgt über erdberührte Betonteile. Im Heizbetrieb erzeugt eine reversible Wärmepumpe die notwendige Wärme, während der Kühlbetrieb teilweise im „free-cooling“ – freies Kühlen – funktioniert und die Restmenge wird je nach Bedarf mittels einer reversiblen Wärmepumpe erzeugt. Dank eines Wärmeaustausches mit dem Erdreich arbeitet die Wärmepumpe hier effizienter als z.B. Wärmepumpen mit Luft als Wärmequelle. Die Anlage funktioniert im Niedertemperaturbereich: Die Wärme im Winter und die Kühle im Sommer werden mittels Klimadecken in den Büroräume verteilt, während die anderen Räume mit einer Fußbodenheizung ausgestattet sind. Die Funktionsweise mit Niedertemperatur ermöglicht einen effizienten Betrieb und zugleich einen hohen Komfort. Die Räume werden gleichmäßig beheizt bzw. gekühlt, auch hohe Räume weisen einen einheitlichen Temperaturgradienten ohne unangenehme Lüftströmungen wie bei traditionellen Systemen auf. Für die Spitzenabdeckung der Heizlast ist ein Brennwertkessel eingebaut, welcher mit Methangas betrieben wird. Auch dieser kann aufgrund der Niedertemperatursysteme so sparsam und effizient wie nur möglich arbeiten. Die Spitzenlastabdeckung der sommerlichen Kühlung erfolgt über mehrere luftgekühlte Kältemaschinen, welche sich aufgrund ihrer kleinen Leistungsgröße optimal dem aktuell benötigten Kühlbedarf anpassen.
Hoher Komfort im Zeichnen der Energieeinsparung
Dem Wunsch nach einer guten Luftqualität in einem Bürogebäude kommt eine mechanische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung entgegen. Diese garantiert die kontinuierliche Zufuhr sauerstoffreicher Luft ohne Wärmeverluste; weiters lässt sich die relative Luftfeuchte mittels eines Systems der Befeuchtung im Winter und der Entfeuchtung im Sommer kontrollieren. Auf diese Weise herrschen in den Arbeitsräumen ganzjährig optimale hydro-thermische Bedingungen. Im Sommer wie im Winter wird ein Teil der benötigten elektrischen von einer Fotovoltaik-Anlage produziert, deren Platten teils am Dach, teils auf der Fassade montiert sind. Dank der guten Wahl bei der Energieversorgung und dem Vorzug von erneuerbaren Energiequellen konnte das Gebäude als KlimaHaus A+ zertifiziert werden. Die Energieseinsparung im Vergleich zu einer herkömmlichen Anlage wurde auf 20% geschätzt, während die Kostenersparnis bei 14% liegen dürfte. Als Zeugnis der Nachhaltigkeit des gesamten Projektes wird eine jährliche CO2-Emissionsreduzierung von 16,5% bzw. 38t im Vergleich zu einem herkömmlichen Gebäude mit analogen Eigenschaften erwartet.